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Beitrag vom 18.10.2007
Rilo Kiley – Under The Blacklight
Tatjana Zilg
Solo bewies Jenny Lewis 2006 auf dem biographisch inspirierten "Rabbit Fur Coat" Soul- und NuCountryqualitäten. Ihre Band, die sie gemeinsam mit Blake Sennet ins Leben rief, ist in Amerika...
... bereits sehr populär.
Eingängige bis raffinierte Hooklines, abwechslungsreiche Variationen in Stilmitteln und Kompositionen, ohne den musikalischen roten Faden zu verlassen, auch Funken von Ironie und schwarzem Humor blitzen immer wieder hervor. Mit ihrem feinfühligen, cleveren Songwriting überzeugten Jenny Lewis, Blake Sennet, Jason Boesel und Pierre De Reder auf ihren ersten beiden Alben so erfolgreich, dass ihnen 2004 ein Major-Deal angeboten wurde. Unter dem Dach von Warner Music veröffentlichten sie "More Adventurous", mit dem sie auch bei dem bewährten Sound-Künstler Elvis Costello auf offene Ohren stießen. Er schwärmte, er hätte auf dem Major-Debut von Rilo Kiley "mehr Poesie in den Texten gefunden als viele, viele Jahre davor".
18 Monate ließen die vier Vielgelobten dann vorbeiziehen, bevor sie dem Follow-Up den finalen Schliff gaben. Aber auch ohne die gemeinsame Bandarbeit hatten sie viel zu tun: JedeR von ihnen ist in anderen hochwertigen Projekte involviert. Jenny Lewis und Blake Sennet haben sich schon seit längerem mit Soloalben einen Namen gemacht. Jason Boesel gehört zu den auserwählten Musikern, die regelmäßig von Conor Oberst für die Bright Eyes – Produktionen ins Studio gebeten werden.
Die Film Noir Atmosphäre, die sich in den Texten von "Under The Blacklight" spiegelt und durch den Besuch der in Schwarz-Weiß-Ästhetik gehaltenen Website verstärkt wird, erscheint im ersten Moment leicht konträr zu den einprägsamen, schönen Melodien und der souligen Leadstimme, die in einer Pop-, Jazz-, Gospel- und Rock- inspirierten Umgebung den Raum erobert und das Herz erwärmt.
Die Songs, zum großen Teil von Jenny Lewis selbst geschrieben und komponiert, kreisen in der Tat um Motive, die wie aus dem Film Noir entliehen wirken. Es geht, wie der Albumtitel schon verrät, um das Leben unter dem Schwarzlicht. Der musikalische Blick fängt die ambivalente Stimmung nach einem betrunkenen One Night Stand, nächtliche Odysseen durch Los Angeles und die emotionale Mischung aus Mut, Frustration und Selbstbewusstsein von ProtagonistInnen in der Sex-Industrie ein. Explosive Themen, die mit viel Energie, Temperament, Wut und Lebensfreude umgesetzt werden. "The Moneymaker", ein Mini-Portrait über drei Neuangekommene im Rotlichtviertel von Los Angeles, fesselt mit schnellem Tempo und dynamischem Beat. Jenny Lewis lässt mit ihrem rauchig-wütenden Gesang den Song zu einem Tanzflächen-Füller werden, der zugleich einen cleveren Schuss Sozialkritik enthält.
Country-Flair, jedoch nicht auf den Pfaden von Johnny Cash, sondern auf denen der Dixie Chicks, weht durch "15", das sich mit dem aktuellen Thema des Internetdating beschäftigt. Auch hier sorgt eine Melodie, an der einfach nicht vorbeigehört werden kann dafür, dass der kritische Text viel Aufmerksamkeit bekommt.
Angenehm leicht und erfrischend fließt auch "Silver Lining" durch den Äther. Jenny Lewis´ Stimme zeigt sich sanft und sehr nuancenreich. Der Soul liegt ihr genauso im Blut wie rockige Gesangs-Lagen, die sie gleich im Anschluss auf "Close Call" unter Beweis stellt.
AVIVA-Tipp: Rilo Kiley ist der Indie Goes Major - Step bestens gelungen. Zwar wirkt ihr viertes Album beim ersten Hören etwas gemäßigter als ihre Indie- und Solo-Scheiben, aber der erste Eindruck kann täuschen, denn bald entfalten sich die elf Titel zu Songwriting-Perlen, die durch ihre positive Stimmung für sich einnehmen und deren Lyrics zu näherer Auseinandersetzung einladen.
Rilo Kiley
Under The Blacklight
Label: Warner, VÖ Oktober 2007
Die Band im Web: www.rilokiley.com
Jenny Lewis Solo im Web: www.jennylewis.com